Die Dokumentation der Pandemie auf gesamteuropäischer Ebene
Anfang 2020 startete das Haus der Europäischen Geschichte ein Projekt, das Zeugnisse des Lebens in Europa während der COVID-19-Pandemie sammelt und sich auf die Phänomene Solidarität, Hoffnung und Herstellung von Gemeinsamkeit konzentriert. Die folgenden Bildergalerien zeigen eine Reihe an Objekten, die in unserer Sammlung dokumentiert und dieser gestiftet wurden.
Eine Auswahl davon war von Juni bis Dezember 2020 im „Fables Room“ des Museums ausgestellt.
Regenbogenfahnen mit der Aufschrift „Alles wird gut“
In Italien begannen die Menschen, Transparente mit Regenbögen und dieser optimistischen Botschaft zu gestalten: „Andrà tutto bene“ (Alles wird gut). Sie hängten sie an ihre Fenster und Balkone und kommunizierten so kollektiv positives Denken gegenüber einer herausfordernden Situation. Diese spiegeln den kantonesischen Ausdruck „jiayou“ wider, der „nicht aufgeben“ bedeutet und in China dort zu sehen war, wo die Pandemie ihren Anfang nahm.
Die Regenbogenbanner verbreiteten sich in ganz Europa und wurden zu einem der bekanntesten Mottos, die mit der Coronavirus-Pandemie in Verbindung gebracht wurden.
Banner „Andrà tutto bene“ (Alles wird gut), hergestellt von einer Familie in Eboli, Süditalien, 11. März 2020.
Schenkung an das Haus der Europäischen Geschichte, Brüssel.
„I see your true colours shining through“ Regenbogenbanner, gebastelt von Smaranda (9 Jahre) und aufgehängt in ihrem Straßenfenster in Bournemouth, GB, 3. April 2020 © Ana-Maria Rampelt.
Wird dem Haus der Europäischen Geschichte, Brüssel, gestiftet.
Banner „Tout ira bien“ (Alles wird gut), aufgehängt an den Wänden der Schaerbeek-Schule Nr. 16, Brüssel, Belgien, März - Mai 2020.
Eine Schenkung an das Haus der Europäischen Geschichte, Brüssel.
Das Zentrum für Forschung und Ausbildung der Nördlichen Universität hat eine Spendenaktion durchgeführt, um dem Kreiskrankenhaus in Baia Mare, Rumänien, zu helfen. Freiwillige haben Geld für die Produktion von 310 Schutzmasken, verziert mit diesem Aufkleber, und zwei Beatmungsgeräten gesammelt.
Schutzmasken mit Aufkleber „Totul va fi bine“ (Alles wird gut), Baia Mare, Rumänien, März 2020 © The Zentrum für Forschung und Ausbildung der Nördlichen Universität, Baia Mare, Rumänien
Regenbogenbanner der ungarisch-italienischen Familie in Brüssel, Februar-Juni 2020.
Eine Schenkung an das Haus der Europäischen Geschichte, Brüssel.
Grenzen in der Pandemie
Die Freizügigkeit wurde während des Lockdowns stark eingeschränkt. Vergessene Grenzen wurden wieder errichtet und viele europäische Bürger waren von ihren Familien getrennt. Die Einwohner von Grenzstädten reagierten mit Kreativität, Kunst und stillem Protest auf diese Einschränkung ihrer Freizügigkeit.
Mitte März 2020 wurde ein Metallzaun errichtet, der die von der deutschen Stadt Konstanz und dem schweizerischen Kreuzlingen gemeinsam genutzte Grünfläche am Seeufer trennte. Bald folgte ein stiller Protest gegen die Schließung der Grenze. Jeder, der davon betroffen war oder sich aus Solidarität daran beteiligen wollte, war eingeladen, sich etwas zu überlegen, was er zum Zaun bringen konnte: ein Foto, einen Brief, ein Schloss oder sonst etwas Kreatives. Die Aufforderung lautete: „Bringen Sie nur positive Objekte mit.“ „Keine Provokationen und keinen Blödsinn“.
Gruia Bădescu, Wissenschaftlerin an der Universität Konstanz, dokumentiert in diesem Video die neue Realität einer Stadt, die mit der neuen Grenze lebt.
Banner an der polnischen Grenze „Stýská se mi po tobě Čechu“ (Ich vermisse dich, Tscheche/-in).
Banner an der polnischen Grenze „Stýská se mi po tobě Čechu" (Ich vermisse dich, Tscheche/-in), März 2020 © Stefan Manka, Cieszyn, Polen
Am 20. März 2020 fand eine spontane Aktion an der Grenze zwischen Polen und Tschechien statt. Die Städte Cieszyn und Český Těšín, die normalerweise über Brücken über den Fluss Olza miteinander verbunden sind, waren durch Grenzkontrollen geteilt. Als Reaktion darauf fertigte eine Gruppe von polnischen und tschechischen Einwohnern auf beiden Seiten des Flusses Transparente an, auf denen sie erklärten, dass sie sich gegenseitig vermissten.
Transparente an der tschechischen Grenze „I ja za tobą Polaku“ (Ich vermisse dich auch, Pole/-in) und „Chybíte nám Poláci!“ (Wir vermissen euch Polen), März 2020 © Stefan Manka, Cieszyn, Polen
Grundrechte im Lockdown
Die europaweite Abschottung kam mitunter einer Einschränkung der Grundrechte gleich. Aber die Menschen fanden Wege, sich Gehör zu verschaffen.
Im April 2020 sollte in Polen über ein Gesetz abgestimmt werden, mit dem Abtreibung und Sexualerziehung für rechtswidrig erklärt werden würden. Die schwarzen Schirme, die zu einem Symbol für den Kampf zur Verteidigung der Frauenrechte in Polen geworden sind, konnten nicht als Zeichen des Protests verwendet werden. Stattdessen reihten sich die Demonstranten mit den Regenschirmen in eine Schlange vor einem Supermarkt ein - dem einzigen öffentlichen Raum, der für mehrere Personen gleichzeitig zugänglich ist. Andere Protestierende zeigten schwarze Schirme und Poster an ihren Balkonen und Fenstern. Die Abstimmung über das Gesetz gegen Abtreibung wurde schließlich verschoben.
Regenschirm zum Protest gegen die Abstimmung über ein Anti-Abtreibungsgesetz, Stettin, Polen, April 2020. Gestiftet für das Haus der Europäischen Geschichte, Brüssel.
Ramponierter Topf zum Protest gegen die Ausgangsbeschränkungen in Madrid, Spanien, Mai 2020.
Eine Schenkung an das Haus der Europäischen Geschichte, Brüssel.
Kreative Reaktion
Das Herstellen von Kunst und die Freude an der Kunst spielten während der Ausgangsbeschränkungen eine große Rolle. Kinder und Erwachsene drückten eine Vielzahl von Gefühlen durch Zeichnungen, Gedichte oder Musik aus. Anhand von Schul- und Studienprojekte dokumentierten sie ihren Alltag. Andere Kunstwerke wurden geschaffen, um ihre Freunde oder Familienmitglieder zu unterstützen.
Skizzenbuch „Brief graphic recovery of terms of frequent use during the Sars-Cov-2 epidemic“ (Kurze grafische Wiedergabe von Begriffen, die während der Sars-Cov-2-Epidemie häufig verwendet wurden), Carmela del Casar Ximénez, März-Mai 2020, Madrid, Spanien.
Gestiftet für das Haus der Europäischen Geschichte, Brüssel.
„Eine der häufigsten Folgen der COVID-19-Krankheit ist Kurzatmigkeit und Atembeschwerden, aber diese Krankheit hat auch viele andere Lebensbereiche erstickt... eine Fülle von verfassungsmäßig garantierten Menschenrechten wurde in vielen europäischen Ländern während der Corona-Krise unterdrückt, was für Tausende von Bürgern einer sozialen Erstickung gleichkam.“ Anna Vasof
„Hand Mask“ (Handmaske), Anna Vasof, Wien, Österreich, März 2020 - Sammlung des Hauses der Europäischen Geschichte, Brüssel © Anna Vasof, Österreich
Coronavirus, Coronavirus, wir desinfizieren Hand um Hand,
Es begann alles in Chinas Land.
Coronavirus, Coronavirus, die ganze Welt betet tagein tagaus,
und wir bleiben alle zu Haus‘.
Coronavirus, Coronavirus, die Ärzte arbeiten toll,
Sie sind selbstlos und wertvoll,
kostbar wie Gold!
Coronavirus, Coronavirus, wir alle waschen uns die Hände,
um uns bald zu umarmen am Ende.
Die Krone auf dem Virus rührt von der Bedeutung des italienisches Wortes „corona“, auf Deutsch „Krone“.
Das Gedicht „Coronavirus“ von Davide, 10 Jahre, Italien, März 2020 © Davide Argiolas, Italien
Sara Roloff, eine in London lebende Schweizerin, teilte ihre Geschichte über den Kampf gegen COVID-19 in Form eines Tagebuchs. Leon (9) und Felix (6), die Söhne von Saras belgischem Freund, malten dieses Bild für sie als Ermutigung zum Weiterkämpfen. Dieses Bild und Saras Geschichte wurden zu einem Hilfsmittel, um Kindern und anderen Menschen, die jemandem helfen wollten, der den gleichen Kampf durchmacht, das Virus zu erklären und ihnen ihre Ängste zu nehmen.
Zeichnung „Sara fighting Corona Virus“ (Saras Kampf gegen das Corona-Virus) von Leon (9) und Felix (6), Brüssel-London, April 2020. Gestiftet für das Haus der Europäischen Geschichte, Brüssel.
Medizinisches Personal: die neuen Helden
Seit Beginn der COVID-19-Pandemie stehen die Angehörigen der Gesundheitsberufe an vorderster Front. In Krankenhäusern sowie im Allgemeinen im Pflegesektor mussten viele von ihnen die Ausübung ihres Berufs mit dem Leben bezahlen, häufig aufgrund unzureichender Schutzausrüstung. Krankenschwestern und Ärzte werden buchstäblich als die neuen Superhelden unseren schwierigen Zeiten dargestellt.
In Rumänien hatte eine Kommunikationsagentur die Idee, sie – inspiriert von religiöser Ikonografie (und unter Erregung des Zorns einiger Kirchenvertreter) als Heilige und Götter darzustellen.
„Dankeschön, Ärzte!“-Plakat, das als beleidigend angesehen und aus der Außenwerbung entfernt wurde April 2020, Bukarest, Rumänien © Wanda Hutira, McCann Bukarest
Auch als Helden oder Heilige waren die Angehörigen der Gesundheitsberufe Gegenstand von Angst und Misstrauen. In mehreren europäischen Ländern berichteten die Medien von Diskriminierung und sogar Ablehnung, die medizinischem Personal von Nachbarn entgegengebracht wurde, die eine Ansteckung fürchteten. Glücklicherweise bildeten neue Unterstützungs- und Solidaritätsbekundungen hierzu häufig ein Gegengewicht.
Anonyme Nachricht an der Autoscheibe der Krankenschwester Camille Ruiz, Valence, Frankreich, Ende März 2020. Gespendet an das Haus der Europäischen Geschichte, Brüssel.
Auch als Helden oder Heilige waren die Angehörigen der Gesundheitsberufe Gegenstand von Angst und Misstrauen. In mehreren europäischen Ländern berichteten die Medien von Diskriminierung und sogar Ablehnung, die medizinischem Personal von Nachbarn entgegengebracht wurde, die eine Ansteckung fürchteten. Glücklicherweise bildeten neue Unterstützungs- und Solidaritätsbekundungen hierzu häufig ein Gegengewicht.
Solidaritätsbotschaft als Antwort darauf, Valence, Frankreich, Ende März 2020. Gespendet an das Haus der Europäischen Geschichte, Brüssel.
Auch wenn sie größtenteils den Menschen, die sie über verschiedene Aktionen unterstützen, ihren Dank aussprechen, haben Angehörige der Gesundheitsberufe auf dem ganzen Kontinent massiv gegen fehlenden Schutz protestiert, durch den sie extrem ansteckungsgefährdet waren.
„Wofür spenden wir Applaus? Für die Gesundheit, für das Leben. Lassen Sie uns in Zukunft gemeinsame Ressourcen fördern. Ohne Kapitalismus. Unterstützungs- und Protestbanner, Forest (Brüssel), April 2020. Eine Schenkung an das Haus der Europäischen Geschichte, Brüssel.
Solidarity in Practice
The outbreak of the Covid 19 crisis will be remembered in connection with short supplies of protective material, not only for the wider public but also for medical workers. Lack of masks, suits and other protective equipment caused dramatic situations in many European countries. Across the continent, these emergencies inspired citizens to step in and give help on a voluntary basis in order to offer remedies as quickly as possible.
When medical supplies are scarce, from protection equipment to life-saving ventilators, owners of 3D printers step in to produce quicker and cheaper versions that helped saved lives. Discover some examples of solidarity, community building and creativity in dealing with the pandemic.
Solidarity in the making
The Bulgarian design studio Love 2 Design joined the initiative ´#ЗАДОБРОТО´ (#THEGOOD). Here, many enthusiasts with 3D printers produced protective face shields for front-line medical workers.
3D printed protective face shield by the Love 2 Design Company, Shumen, Bulgaria, March-April 2020. Donated to the House of European History, Brussels.
Protective gowns produced by volunteers, Madrid, Spain, March-May 2020 © Susana Molinero, Madrid. Donated to the House of European History, Brussels.
Medical workers and other professionals, such as carers in nursing homes, were facing a lack of protective gowns. People with the necessary skills offered their help and often managed to produce huge quantities of such clothing.
In Madrid, a group of volunteers organised themselves and started sewing protective gowns. Many individuals, often seniors, who had a sewing machine at home, lent a hand too. They co-ordinated the production and distributed the gowns with a heart logo to hospitals, police stations, firefighters or public administration staff.
Protective gowns produced by volunteers, Madrid, Spain, March-May 2020 © Susana Molinero, Madrid. Donated to the House of European History, Brussels.
Medical facemasks were in short supply everywhere despite their necessity for professionals working with Covid 19 patients in hospitals. In several European countries, spontaneously and in the spirit of solidarity, many people took the initiative and started producing home-made cloth face masks for their own use and for sharing with others, although there had been conflicting scientific evidence as to their value. Home-inventors developed special filters and helped to improve the usability of such facemasks.
Homemade masks distributed to people in need in Czechia, March 2020 © Martina Lepší, Vojtanov, Czechia. Will be donated to the House of European History, Brussels.
Pandemic Soundscapes
How did Europe sound during the coronavirus pandemic? What connects the lockdown experience across the continent? This sound composition created by Mara Maracinescu features 21 distinct recordings from 17 European countries, made between March and May 2020 during the first European COVID-19 lockdown.
The main purpose of the research and resulting composition was to trace the impact of the lockdown on European soundscapes: new rituals or types of gathering that appeared; changes in the ambient soundscape, due to lower traffic, or the amplified presence of the State’s voice, for example through loudspeakers.
"Pandemic Soundscapes"
Commissioned and acquired in 2020 by the EU, EP, House of European History from Mara Mărăcinescu. Sounds across Europe during the coronavirus pandemic