
von Zakentiy Horobyow, Grafikdesigner, Typograf und Illustrator, Kiew (Ukraine)
Dieses Werk entstand, nachdem der Krieg in der Ukraine in vollem Umfang ausgebrochen war. Mein Gebäude hat 35 Stockwerke; nach dem Ausbruch des Krieges war nahezu niemand mehr dort. In meinem Stockwerk war ich der einzige, der blieb.
Meine Familie und ich entschlossen uns, nirgendwo hinzugehen. Wir hatten nämlich bereits ein Haus verloren. Für uns und die acht Millionen Menschen, die in den Gebieten Luhansk und Donezk lebten, begann der Krieg 2014. Ich blieb also.
Ich fragte mich: wie kann ich in dieser Situation helfen? Und ich beschloss, Plakate zu entwerfen, die den Menschen dabei helfen können, die Situation positiver zu sehen, sie daran erinnern, dass wir viele sind und dass wir kämpfen. Nicht nur an der Front, sondern auch im Hintergrund, nicht nur mit Waffen, sondern auch mit Kunst! Um es mit den Worten des Philosophen René Descartes zu sagen: ich schaffe Bedeutung, also bin ich. Und ich bin nicht allein, weil mein Volk durch mich spricht.
Wir haben eine Redewendung: verdeckt die Krone die Augen? Wir nutzen sie, wenn jemand eine Grenze überschreitet, sich falsch verhält, keine Rücksicht auf andere nimmt. Es scheint vielleicht so, als sei die zentrale Figur auf dem Plakat eine abstrakte Person. Aber es ist Putin, der darauf dargestellt wird. Die kleine graue Figur ist wie eine Zeitung gerastert, da Putin wie jeder Diktator von der Realität und dem Leben der Menschen abgeschnitten ist.
Er lebt in der Illusion seiner Straffreiheit. Er denkt, dass er alles richtig macht, ohne Rücksicht auf den Tod und zerbrochene Schicksale von Menschen. Er macht sich die Taktiken eines gewöhnlichen Diebes zunutze – er hält Gleichheit für eine Schwäche. Durch die Straffreiheit und seinen Hintergrund im KGB wurde aus Putin ein Tyrann, der in einer Illusion lebt. Er denkt, dass unsere Welt ihm gehört und er damit machen kann, was er will.
Der Text auf dem Plakat – „Nichts ist beängstigender als unbegrenzte Macht in den Händen eines begrenzten Mannes“ – wurde auf Facebook gefunden. Es handelt sich um ein Zitat des ukrainischen Dichters Wassyl Symonenko. Natürlich ist der Ausdruck eher philosophisch gemeint, er trifft es aber. Wassyl Symonenko wurde von der Polizei umgebracht, als er 28 Jahre alt war. Niemand wurde je dafür bestraft.
Plakat: Nichts ist beängstigender als unbegrenzte Macht in den Händen eines begrenzten Mannes, Zakentiy Horobyow, 2022

